PROSA

Hundefutter

Der Hund neben mir hatte vier Beine. Die Frau an der Ladentheke zwei. Dazu kamen ihre Hände, die bekanntlich beim weiblichen Geschlecht ein Paar bilden. Manche, sagt man, haben zwei linke Hände. Damit meint man die Unfähigkeit, handwerkliche Arbeit zu verrichten. Sie dagegen, nach der Art, wie sie die Dosen, die das Hundefutter in sich bargen, rotieren ließ, machte einen sicheren Eindruck. Was ihre Hände anbelangte. Neugierig, ob weitere Vorzüge zu entdeckten möglich gewesen wären, näherte ich mich ihr. Dabei beobachtete ich die ganze Zeit, wie sich der Hund verhielt und ob ich in ihm den Beschützerinstinkt wecken würde, was einen Hundebiss nach sich gezogen hätte. „Er tut nichts“, sagte sie ohne eine einzige Wendung. Mich überraschte, ihre Fähigkeiten, das, was sich hinter ihr abspielte, genau beobachten zu können, so dass ich zuerst annahm, sie besäße vier Augen. Auf den Boden der Realität zurückgekehrt, spielte ich mit der Annahme, sie besäße einen Schminkspiegel, den sie genau in dem Augenblick einsetzte, als ich mich ihr näherte. Indem sie ihre Augen darin spiegeln ließ, konnte sie gleichzeitig das, was hinter ihr geschah, beobachten. Weit gefehlt. Sie hatte mich ohne Hilfsmittel entdeckt. Nach dieser Feststellung beschloss ich, sie anzusprechen. Ich fragte, ob sie Hunde liebte und erntete nur einen abwertenden Blick. Natürlich liebte sie Hunde! Was sollte der Hund mit den vier Beinen sonst für eine Rolle spielen? Wie blöd von mir. Ich fragte dann, ob sie gerade eine Beziehung hinter sich hätte, da der Hund sehr jung sei und ich irgendwo gelesen hätte, dass alleingelassene Frauen, um das Alleinsein nicht wahrzunehmen, sich Hunde anschaffen. Die Folge war wieder ein verächtlicher Blick. Ich nahm mir vor, nichts mehr zu sagen. Nachdem sie einige Minuten Hundefutterdosen angestarrt hatte, fragte sie: „Lesen Sie gerne?” Ich verstand nicht die Bedeutung dieser Frage, doch war dies nicht sonderlich wichtig, denn Sie fuhr fort: „Ich liebe das Lesen. Ich bin so verrückt danach, dass ich sogar die angegebenen Inhalte dieser Dosen lese. Sie dachten bestimmt, ich wäre, was die Marke des Hundefutters angeht, unschlüssig. Das ist es nicht. Es ist einfach die Liebe zum Geschriebenen.” Ich erwiderte nichts. Dies ausnutzend fügte sie hinzu: „Ich schreibe sehr gerne. Gedichte.” Ich gab nichts von mir preis. Was hätte dies schon bedeutet. Frauen Interessieren sich die ersten drei Minuten für einen Mann. Dann muss der Mann schleunigst den Eroberer spielen. Ich hatte keine Lust auf einen Feldzug. Ich kam mir nach jahrelangen gescheiterten Partnerschaften wie Augustus vor, wenn er nicht den Thron bestiegen hätte. Also schwieg ich weiter. „Haben sie auch einen Hund?” Diesmal musste ich antworten. Sie hatte mir immerhin eine Frage gestellt. Ich sagte: „Nein, aber meine Nachbarin. Ich kaufe manchmal für ihren Hund Hundefutter. Wissen Sie, es ist besser, man besticht diese Tiere. Ein Hund ist immer dann ein Freund des Menschen, wenn er gefüttert wird. Was glauben sie, wieso manche Hunde in den Parks Passanten angreifen? Weil diese sie nie gefüttert haben.”

© Antonino Marcello

Prosa-Texte Fabellae Antonino Marcello